Die Rücksendung der Ware ist im Online-Handel ein durchaus häufiger Fall. Darf der Händler denn – um bei dem ersten Beispiel zu bleiben – das Laptop noch einmal als neu anbieten, wenn der Kunde es benutzt hat? Auch wenn es nur zu Testzwecken war?
Dineiger: Ist die Sache allerdings schon einmal in Gebrauch gewesen, so ist sie nach dem Begriffsverständnis nicht mehr unbedingt als neu anzusehen. Dies kann durchaus einen
Sachmangel begründen. Das heißt: der nächste Käufer kann durchaus bemängeln, dass ihm ein gebrauchtes Gerät als neu verkauft wurde. Entscheidend ist natürlich, wie man "in Gebrauch" definiert. Bei einem Testlauf eines Gerätes, wie im Beispiel eines Laptops, ist der Fall sicher grenzwertig. Besteht der
Testlauf in einem einmaligen Einschalten und wieder Ausschalten des Geräts, so ist das Gerät damit ist sicher noch als neu anzusehen. Liegt ein Gebrauch von einiger Dauer vor, kann es begriffslogisch gar nicht mehr neu sein.
Für die klassischen Fälle wie den Möbelkauf oder Autokauf finden sich dazu definierte Fallgruppen. Für einen Laptop gibt es diese Klassifizierung noch nicht. Hier kommt es im Wesentlichen auf die Einzelfallbetrachtung an.
Wo genau liegt denn die gesetzliche Grenze zwischen neu und gebraucht?
Dineiger: Eine gesetzliche Definition oder eindeutige Grenzen gibt es in der Rechtsprechung nicht. Das BGB setzt die Begriffe "neue" und "gebrauchte" Sachen voraus, definiert sie aber nicht. Auch die
Richtlinie 1999/44/EG der Europäischen Union, die so genannte Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, definiert diese Begriffe nicht.
Die Rechtsprechung verwendet die Formel, dass eine Sache dann neu ist, wenn sie aus neuen Materialien hergestellt wurde und unbenutzt ist (so das OLG Zweibrücken im Jahre 1998). Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Sache dann nicht neu ist, wenn sie entweder nicht aus neuen Materialien hergestellt ist oder aber schon im Gebrauch war.
Müssen Händler Produkte, die ein anderer Kunde bereits getestet hat, entsprechend kennzeichnen und auch günstiger anbieten?
Dineiger: Für diese Frage wird wieder nach der Qualität des Testes zu fragen sein. Besteht der Test darin, dass Gerät einmalig einzuschalten und sodann wieder auszuschalten, liegt nach dem Verständnis der Rechtsprechung kein Gebrauch vor. Eine entsprechende Kennzeichnungspflicht des Händlers ist dann nicht anzunehmen.
Liegt allerdings ein Gebrauch von einiger Dauer vor, so muss der Händler eine entsprechende Kennzeichnung vornehmen bzw. hat eine entsprechende Offenbarungspflicht. Bietet er dann nämlich das Gerät als neu oder fabrikneu an, so weicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit (neu) von der tatsächlichen Beschaffenheit (gebraucht) ab, mit der Folge, dass die Sache dann mangelhaft ist und das Mängelgewährleistungsrecht Anwendung findet.
Was genau kann passieren, wenn der Verbraucher ein neues Gerät kauft und feststellt, dass damit schon mal gearbeitet wurde?
Dineiger: Steht ein solcher Sachmangel fest, so hat der Verbraucher nach dem Gesetz folgende Rechte: Er kann nach
§ 439 BGB Nacherfüllung verlangen, also Übersendung bzw. Zurverfügungstellung einer mangelfreien Sache oder aber Beseitigung des Mangels. Entscheidend ist, dass der Verkäufer hier die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen zu tragen hat. Der Verkäufer kann sich allerdings weigern, Nacherfüllung zu leisten, wenn sie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist.
Alternativ kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten, also die Sache zurückgeben und die Erstattung des Kaufpreises verlangen.
Alternativ kann der Käufer auch sein Recht auf Minderung geltend machen. Er kann sich also darauf berufen, dass der Kaufpreis entsprechend der Schwere des Mangels zu reduzieren ist.
Zuletzt kann der Käufer allerdings auch Schadensersatz fordern. Hierbei gibt es den großen Schadensersatz oder den kleinen Schadensersatz, der sich im Wesentlichen im Verzugsschaden erschöpft.
Dies sind die Rechte, die der Käufer aus dem Gesetz hat. Verkäufer und Käufer sind allerdings nicht gehindert, anderweitige Vereinbarungen zu treffen. Die Grenze beim Verbrauchsgüterkauf liegt allerdings darin, dass eine Vereinbarung, die den Käufer ungünstiger stellt als das Gesetz, nicht zulässig ist. Eine günstigere Vereinbarung für den Käufer ist allerdings jederzeit möglich. Hierunter fällt vor allem die Vereinbarung einer Garantie, einer zusätzlichen Garantie oder einer verlängerten Garantie.
Quelle:
Heise